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26.08.2013 Anscheinsbeweis und Fahrstreifenwechsel. Das Amtsgericht München (AG München Urteil v. 26.08.2013 – AZ. 322 C 12633/13) hatte über das Verschulden an einem Unfall zu entscheiden wo dem Auffahren des nachfolgenden Fahrzeugs ein Fahrstreifenwechsel des vorausfahrenden Fahrzeugs voran gegangen ist.

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Das Amtsgericht München hatte über die Frage zu entscheiden, wer den Unfall verschuldet hat, wenn dem Auffahren des nachfolgenden Fahrzeugs ein Fahrstreifenwechsel des vorausfahrenden Fahrzeugs voran gegangen ist. Die Klagepartei macht Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich auf einer mehrspurigen Fahrbahn in München ereignet hat. Das klägerische Fahrzeug hat unstreitig von der mittleren auf die linke Fahrspur gewechselt. Das Beklagtenfahrzeug ist auf das Klägerfahrzeug aufgefahren nachdem es seit ca. 2 Fahrzeuglängen (10-12 Meter) die linke Fahrspur befahren hat. Die Beklagtenseite trägt vor, der Unfall sei für sie unvermeidbar gewesen, da das klägerische Fahrzeug erst kurz vor der Kollision und ohne Blinkzeichen auf die linke Spur gewechselt habe.

Urteil

Nach Beweiserhebung durch Einvernahme einer Zeugin sowie informatorischer Befragung der Parteien hat das Gericht die Klage vollumfänglich abgewiesen. Das Gericht führt aus, dass bei Unfällen durch Auffahren zwar häufig der erste Anschein für ein Verschulden des Auffahrenden spricht. Dieser erste Anschein könne jedoch durch einen, vom Auffahrenden darzulegenden und zu beweisenden, atypischen Kausalverlauf erschüttert werden.
Ein solch atypischer Verlauf liege insbesondere dann vor, wenn nachgewiesen ist, dass das andere Fahrzeug im örtlichen und zeitlichen Zusammenhang der Kollision die Fahrspur gewechselt hat und dem Auffahrenden nicht nachgewiesen werden kann, dass ein Mitverschulden aus anderen Gründen als der bloßen Betriebsgefahr vorliegt. In diesem Fall spreche der erste Anschein vielmehr für eine Missachtung der Sorgfaltspflicht des spurwechselnden Fahrzeugführers nach § 7 Abs. 5 StVO, denn jeder Fahrstreifenwechsel verlange die Einhaltung äußerster Sorgfalt, insbesondere eine ausreichende Rückschau und die rechtzeitige Ankündigung des Spurwechsels durch Fahrtrichtungsanzeiger.
Die Erschütterung dieses Anscheinsbeweises erfordere daher eine Durchbrechung des örtlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen Spurwechsel und Kollision. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der örtliche und zeitliche Zusammenhang dann durchbrochen, wenn der Spurwechsel abgeschlossen ist. Abgeschlossen ist der Fahrstreifenwechsel jedoch nicht bereits dann, wenn sich das wechselnde Fahrzeug fahrbahnparallel eingeordnet hat, sondern erst dann, wenn sich das wechselnde Fahrzeug mindestens 30 Meter fahrbahnparallel und mit angepasster Geschwindigkeit auf dem neuen Fahrstreifen bewegt hat (LG München I Urteil v. 11.08.2011 – AZ. 19 S 8472/11; LG München I Urteil v. 14.07.2011 – AZ. 19 S 5016/11). Gelingt es dem spurwechselnden Fahrzeugführer nicht, den Beweis des ersten Anscheins zu erschüttern, tritt die Betriebsgefahr des auffahrenden Fahrzeugs bei der gemäß § 17 StVG gebotenen Abwägung im Hinblick auf den von dem spurwechselnden Fahrzeug ausgehenden Verursachungs- und Verschuldensbeitrag vollständig zurück.

Anmerkungen der Anwaltskanzlei Bauer:

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