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13.09.2013 Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München (OLG München Urteil v. 13.09.2013 – AZ. 10 U 859/13) hatte über die Frage zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang bei Eigenreparatur dem Geschädigten ein Nutzungsausfall zu erstatten ist und ob sich der Geschädigte hinsichtlich zu erstattender Reparaturkosten auf eine freie Werkstatt außerhalb seines Wohnortes verweisen lassen muss.

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Der Kläger hat gegen das unstreitig zum Schadensersatz verpflichtete beklagte Versicherungsunternehmen Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall, insbesondere Nutzungsausfall sowie fiktive Reparaturkosten, geltend gemacht.
Zur Ermittlung der Schadenshöhe hat der Kläger ein Privatgutachten in Auftrag gegeben. Der Sachverständige hat seinem Gutachten die mittleren ortsüblichen Stundenverrechnungssätze einer nicht markengebundenen Werkstatt in der Region München zu Grunde gelegt, für die Reparaturdauer in einer Fachwerkstatt hat der Sachverständige 5 Arbeitstage kalkuliert.

Urteil

Der Kläger hat sein Fahrzeug sodann zusammen mit einem bekannten Karosseriebauer in dessen Werkstatt nach Betriebsschluss an mehreren Wochenenden jeweils am Freitag und Samstag repariert. Die Reparatur hat insgesamt 6 oder 7 Tage gedauert. Bis zur Beendigung der Arbeiten ist das Fahrzeug in der Werkstatt verblieben. Für diese Zeit begehrt der Kläger die Erstattung von Nutzungsausfall. Nach Abschluss der Reparaturarbeiten hat der Kläger den Sachverständigen beauftragt, die Durchführung der Reparatur zu bescheinigen. Die diesbezüglich angefallenen Sachverständigenkosten begehrt der Kläger ebenfalls ersetzt. Die Beklagte hat Reparaturkosten auf Basis günstigerer Stundenverrechnungssätze einer von ihr gewählten Werkstatt erstattet. Ersatz von Nutzungsausfall hat sie abgelehnt.
Die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil hatte überwiegend Erfolg.
Nach Zulassung von weiterem (aufgrund erstinstanzlich unterlassenem richterlichen Hinweis) Sachvortrag hat das Berufungsgericht dem Kläger Erstattung des Nutzungsausfalls für 5 Tage zugesprochen. Einen über die kalkulierte Reparaturdauer hinausgehenden Nutzungsausfall hat der Senat abgelehnt. Er hat hierzu ausgeführt, dass die Reparaturbestätigung zwar die Durchführung der Reparatur belegt, jedoch nichts über den konkreten Zeitraum der tatsächlichen Reparaturdauer aussagt und deshalb für die Geltendmachung eines Anspruchs auf Nutzungsausfallentschädigung nur von begrenztem Erkenntniswert ist.
Weiter hat der Senat dem Kläger Erstattung der Reparaturkosten auf Basis des vom Sachverständigen kalkulierten Schaden zugesprochen. Das Gericht hat damit die Frage, ob sich der Geschädigte bei fiktiver Abrechnung auf die billigste Werkstatt innerhalb oder außerhalb seines Wohnortes verweisen lassen muss, klar verneint. Es hat hierzu ausgeführt, dass bei voller Haftung des Schädigers dem Geschädigten ein möglichst vollständiger Schadenausgleich zukommen soll. Der Geschädigte ist daher in Grenzen des Wirtschaftlichkeitsgebotes und des Verbotes der Bereicherung in der Wahl und in der Verwendung der Mittel zur Schadensbehebung grundsätzlich frei. Maßgeblich für den Ersatz von Reparaturkosten sind bei fiktiver Abrechnung die durchschnittlichen ortsüblichen Verrechnungssätze einer Werkstatt in der Wohngemeinde des Geschädigten. Der Geschädigte braucht sich somit nicht auf eine günstigere und erst recht nicht auf eine auswärtige Werkstatt verweisen lassen.
Die Kosten der „Nachbesichtigung“ hat auch der Senat nicht zugesprochen. Hierzu hat er ausgeführt, diese Kosten seien bereits deshalb nicht erstattungsfähig, als dieser Bescheinigung nicht entnommen werden kann, wie lange die Reparatur tatsächlich gedauert hat und dass die Reparatur fachgerecht entsprechend den Vorgaben des Sachverständigen durchgeführt wurde.

Anmerkungen der Anwaltskanzlei Bauer:

Beachtenswert an diesem Urteil sind insbesondere die Ausführungen zur Verweisung auf billigere Werkstätten und auch zum Reparaturnachweis. Das OLG München stellt fest, dass eine Verweisung auf billigere Werkstätten (wie dies zwischenzeitlich regelmäßig zumindest bei Fahrzeugen die über drei Jahre alt sind) dann nicht (mehr) in Betracht komme, wenn im Sachverständigengutachten, das der Geschädigte beauftragt hat bereits "mittlere ortsübliche Stundensätze" nicht markengebundene Stundensätze kalkuliert hat. Weiter stellt das OLG fest, dass Nutzungsausfall, jedenfalls soweit er über die im Sachverständigengutachten ausgewiesene Reparaturzeitschätzung hinaus geht, nur zu ersetzen ist, wenn die Reparaturzeit konkret nachgewiesen ist.

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