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29.04.2003 Schadensberechnung von Werkstattstundenlöhnen auf Grundlage von fiktiven Reparaturkosten

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Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 29.04.03 - AZ: VI ZR 398/02) hatte über die Schadensberechnung von Werkstattstundenlöhnen auf Grundlage von fiktiven Reparaturkosten zu urteilen.

Urteil

Bei einem Verkehrsunfall wurde das Fahrzeug der späteren Klägerin, ein Porsche, beschädigt. Zur Ermittlung der Reparaturkosten wurde das Fahrzeug daraufhin in ein „Porsche-Zentrum“ gebracht, wo der Schaden auf ca. € 15.000 geschätzt wurde, auch unter Zugrundelegen der Stundenverrechnungssätze dieser Fachwerkstatt. Die Fahrerin verkaufte aber anschließend den unreparierten Porsche und forderte von der eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherung des Unfallgegners den Ersatz der fiktiven Reparaturkosten. Diese bezahlte hierauf jedoch lediglich ca. € 13.000, da bei der Schadensberechnung nicht die im „Porsche-Zentrum“ anfallenden Lohnkosten zu Grunde zu legen seien, sondern die von der DEKRA ermittelten mittleren ortsüblichen Stundenverrechnungssätze. Dieser Auffassung folgte der BGH nicht. Das Ziel beim Schadensersatz ist, dass der Geschädigte sowohl in der Wahl der Mittel zur Behebung des Schadens als auch in der Verwendung des vom Schädiger zu leisten Schadenersatzes frei ist. Darunter fallen auch die fiktiven Reparaturkosten. Und obwohl es dem Geschädigten im Rahmen der Zumutbarkeit obliegt, im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht eine wirtschaftliche Schadensbehebung zu wählen, braucht er sich nicht auf die bloß abstrakte Möglichkeit verweisen lassen, dass es irgendwo eine zwar technisch ebenso ordnungsgemäße, aber eben kostengünstigere Fachwerkstatt geben könnte. Auch bei einer Abrechnung auf Grundlage fiktiver Reparaturkosten kann ein abstrakter Mittelwert nicht als Grundlage dienen für die im konkreten Fall erforderlichen Reparaturkosten. Der Geschädigte – im vorliegenden Fall die Klägerin – muss die Entscheidungsmöglichkeit haben, das Fahrzeug in einer markengebundenen Fachwerkstatt reparieren zu lassen. Ansonsten würde die oben angeführte Wahlfreiheit zur Behebung des Schadens in einer nicht mit dem Gesetz zu vereinbarenden Weise beeinträchtigt. Demnach darf die Klägerin die höheren Werkstattkosten des „Porsche-Zentrums“ bei der Schadensberechnung zugrundelegen, auch wenn diese über den von der DEKRA ermittelten Sätzen der Region liegen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn das Fahrzeug wie hier geschehen in unrepariertem Zustand verkauft wird.

Anmerkungen der Anwaltskanzlei Bauer:

Hier hat der BGH in einem höchst umstrittenen Bereich der Schadensregulierung „einen Pflock eingeschlagen“ zu Gunsten der Rechte der Geschädigten. Zunehmend wurden in den Schadensregulierung „nach Gutachten“ von Haftpflichtversicherern die im Gutachten vom Sachverständigen der Geschädigten ermittelten ‚AW-Werte’ herunter gerechnet zu angeblichen „mittleren Stundenverrechnungssätzen“. Diese wiederum basieren regelmäßig auf Berechnungen der, zwischenzeitlich von den Versicherern offensichtlich vielfach beauftragten und deshalb möglicherweise nicht immer mehr ganz so neutralen Dekra (jedenfalls was die Schadensfeststellung angeht). So werden z.B. von der Dekra bisweilen sogenannte „UPE-Aufschläge“, also Zuschläge auf Händlerersatzteilpreise, die der Kunde (Geschädigte) zu zahlen hat, zwar im Gutachten benannt, aber nicht in der Summenkalkulation des Gutachtens eingerechnet. Dies führt dazu, dass hier die Geschädigten unter Umständen wesentlich weniger Schadensersatz vom Haftpflichtversicherer des Unfallgegners erhalten, als ihnen zustehen würde. Es mögen dies jeweils Summen sein, die im Einzelfall von Geschädigten hingenommen werden, weil diese entweder sich ihrer Rechte nicht bewusst sind oder über verbleibende Restbeträge in der Schadensregulierung nicht streiten wollen oder können (weil etwa eine Rechtsschutzversicherung nicht besteht). In der Summe sparen sich die Versicherer mit diesen Kürzungen jedoch Millionenbeträge zu Lasten der Geschädigten. Es lohnt sich also weiterhin sofort nach einem Verkehrsunfall einen verkehrsrechtlich spezialisierten Rechtsanwalt zu beauftragen. Dieser kann in der Regel auch vertrauenswürdige Sachverständige zur Begutachtung des Fahrzeugs benennen. „Gut“ ist letztlich jedoch nicht der Sachverständige der ‚Mondpreise’ kalkuliert, die nicht zu realisieren sind, sondern der, dessen Gutachten im Zweifel auch vor Gericht Bestand hat. Meist wird es besser sein diesen Weg zu wählen, als sich etwa von der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners (die zumindest dann, wenn sie meint Geld sparen zu können erstaunlich schnell reagieren kann) deren Gutachter aufdrängen zu lassen, um dann für kleine Summen doch am Ende noch einen Anwalt beauftragen oder Kürzungen im Schadensersatz hinnehmen zu müssen.

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