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15.12.2006 Verbotswidriges Parken auf einem Taxistand

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Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH, Beschluss v. 15.12.2006 – Az. 24 ZB 06.2743) entschied: Es ist nicht erforderlich, dass durch das verbotswidrige Parken auf einem Taxistand bereits eine akute Verkehrsbehinderung eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht.

Urteil

Eine PKW-Fahrerin parkte nachts in einem Bereich, der durch entsprechende Beschilderung von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr als (zeitlich begrenzter) Taxistand ausgewiesen ist. Die Polizei rief ein Abschleppunternehmen. Als der PKW gerade verladen werden sollte, erschien die Fahrerin, der Abschleppvorgang wurde beendet, die Fahrerin konnte wegfahren. Sie erhielt allerdings eine Kostenrechnung der Polizei mit einer „Abschlepppauschale“. Hiergegen wandte sie sich mit Widerspruch gegen den Kostenbescheid des Polizeipräsidiums München, sodann mit einer – erfolglosen - Klage vor dem Verwaltungsgericht München (Az. Az: M 7 K 05.5690) mit der Begründung, dass die Abschleppmaßnahme völlig unverhältnismäßig und nicht erforderlich gewesen sei, die Kostenerhebung unverhältnismäßig und die in Rechnung gestellten Kosten unsubstantiiert und unangemessen hoch gewesen wären, da das Fahrzeug bei ihrer Ankunft am Taxistand noch nicht verladen gewesen sei. Zudem habe eine konkrete Behinderung von Taxis durch ihr Fahrzeug in keiner Weise vorgelegen.
Der BayVGH begründete seine Entscheidung sehr ausführlich und, in für das Taxigewerbe erfreulicher Form. Zunächst stellte das Gericht fest, dass ein bloßer Verstoß gegen die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften (absolutes Halteverbot im Taxistand) nicht ohne weiteres und in jedem Fall für sich gesehen schon eine Abschleppmaßnahme rechtfertigt. Andererseits aber ist es nach Auffassung des Gerichts nicht erforderlich, dass „bereits eine akute Verkehrsbehinderung eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht. Dies hätte nämlich zur Folge, dass die Polizei stets zuwarten müsste, bis sich die von einem unzulässig abgestellten Fahrzeug ausgehende Gefahr bereits in vollem Umfang realisiert hat. Mit einer effektiven Gefahrenabwehr (= hier Voraussetzung polizeilichen Einschreitens) wäre dies nicht vereinbar. Es muss vielmehr die Möglichkeit bestehen, bereits "im Vorfeld" einer akuten oder konkreten Behinderung des Verkehrs gegen Fahrzeuglenker vorzugehen, die bestehende Ge- oder Verbote missachten.“ Daraus ergibt sich, so der erkennende Senat, „dass im Falle eines rechtswidrig geparkten Fahrzeugs eine Prognose erfolgen muss, ob möglicherweise mit dem Eintritt einer Behinderung zu rechnen ist. Diese Prognose ist von den vor Ort anwesenden Polizeibeamten zu treffen und kann nicht durch eine abweichende Einschätzung eines Fahrzeughalters oder –lenkers ersetzt werden. Die Anforderungen an die Beurteilung durch den Polizeibeamten dürfen dabei nicht allzu hoch angesetzt werden. Angesichts der vergleichsweise kurzen Zeitspanne, die ihm dabei zur Verfügung steht und angesichts der Tatsache, dass zukünftige Verkehrsentwicklungen in aller Regel nicht oder nur sehr schwer konkret vorhersehbar sind, genügt eine sachgerechte Einschätzung der zu erwartenden Geschehnisse, wie sie sich dem Polizeibeamten in der Situation, in der er seine Entscheidung zu treffen hat, darstellen. Es ist dabei auch nicht zu beanstanden, wenn die Polizeibeamten sich bei der Beurteilung der Situation auf frühere Erfahrungswerte berufen und diese in ihre Einschätzung einbeziehen. Weiter begründete der BayVGH seine Entscheidung folgendermaßen: "Legt man diese Kriterien im hier zu beurteilenden Fall zugrunde, so ist die Entscheidung, das Fahrzeug der Klägerin abschleppen zu lassen, nicht unverhältnismäßig. Es besteht grundsätzlich zu jeder Zeit die Möglichkeit, dass ein den Taxistand anfahrendes Taxi durch ein dort verbotswidrig abgestelltes Fahrzeug behindert wird. Dies gilt auch dann, wenn noch mehrere freie Plätze für Taxis zur Verfügung stehen. Es ist nämlich nicht ausgeschlossen und mit Sicherheit vorhersehbar, dass nur einzelne Taxis heranfahren. Vielmehr muss zu bestimmten Zeiten (wie hier bei einer Diskothek in den Nachtstunden) davon ausgegangen werden, dass in Stoßzeiten auch sämtliche Plätze benötigt werden. Im Interesse eines möglichst reibungslosen Taxiverkehrs kann es deshalb nicht darauf ankommen, mit welchem Grad an Wahrscheinlichkeit im Einzelfall mit einer konkreten Beeinträchtigung eines bevorrechtigten Taxifahrers zu rechnen ist. Ebenso wie bei Behindertenparkplätzen wird die Funktion von Taxiständen in vollem Umfang nur dann gewährleistet, wenn diese jederzeit von verbotswidrig abgestellten Fahrzeugen freigehalten werden. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn offensichtlich ist, dass zu einer bestimmten Tageszeit mit dem Erscheinen von Taxen nicht mehr gerechnet werden muss. So liegt der Fall hier allerdings nicht. Aus der Stellungnahme der Polizeiinspektion ergibt sich plausibel, dass hier auch wochentags reger Betrieb herrscht, was dazu führt, dass sämtliche Parkplätze auf öffentlichem Gelände im Umfeld regelmäßig ab etwa 22.00 Uhr belegt sind. Dem Gericht erscheint es deshalb auch plausibel, dass gerade bei einer stark frequentierten Diskothek nach Mitternacht ein erhöhter Bedarf an Taxis besteht. Die verkehrsrechtliche Anordnung der Landeshauptstadt München (zur Einrichtung des Taxistandes) führt zur Begründung gleichfalls aus, dass sich seit Eröffnung der Kultfabrik als Nachfolgerin des Kunstpark-Ost der Besucherstrom kontinuierlich erhöht habe. Dies erfordere eine erhöhte Bereitstellung von ausreichenden Taxen zu den angegebenen Zeiten. Zusammenfassend ist die von dem Polizeibeamten hier angestellte Prognose damit nicht zu beanstanden. Selbst wenn zum maßgeblichen Zeitpunkt noch keine Taxen warten mussten, konnte nicht ausgeschlossen werden, dass sich innerhalb kürzester Zeit ein erheblicher, den gesamten Taxenstand beanspruchender Bedarf ergibt. Es ist darüber hinaus auch kein Anhaltspunkt erkennbar oder vorgetragen, der dafür sprechen würde, dass dies zum maßgeblichen Zeitpunkt gerade nicht der Fall gewesen sein sollte. Die Polizei konnte den Pkw der Klägerin sicherstellen, da von diesem eine Gefahr im Sinne des Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 PAG (Polizeiaufgabengesetz) ausging. Das Fahrzeug war – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – unter Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Nr. 9 StVO in einem Bereich abgestellt worden, der als Taxistand (§ 41 StVO - Zeichen 229) ausgewiesen war. Dadurch wurde der Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 Nr. 12 StVO erfüllt. Der Nutzen der Sicherstellung stand letztlich auch nicht außer Verhältnis zu den der Klägerin entstandenen Belastungen. Die Klägerin hat die Kosten der Abschleppmaßnahme in Höhe von 169 Euro zu tragen, weitere Nachteile waren für sie nicht verbunden". (Zitiert aus dem Beschluss des BayVGH).

Anmerkungen der Anwaltskanzlei Bauer:

Anmerkung: Das Urteil des VG München und der, dieses bestätigende Beschluss des BayVGH sind für das Taxigewerbe zu begrüßen. Erfreulich klar und deutlich haben sich die Richter zu der Frage eingelassen, wann am Taxistand abgeschleppt werden darf. Sie haben deutlich gemacht, dass der Taxistand keinesfalls bereits von Taxis besetzt sein muss, bevor von der Polizei abgeschleppt werden darf. Die Taxifahrer können also, gerade bei regelmäßig verparkten Taxistandplätzen nur motiviert werden die Polizei zu rufen. Zögerlichen Polizeibeamten kann durchaus mit Hinweis auf diese Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (wie auch mit einer ähnlichen früheren Entscheidung des OVG Hamburg siehe Taxipressmeldung vom 27.8.2006) „auf die Sprünge geholfen" werden. Allerdings, etwas Augenmaß sollten auch Taxifahrer Standplatz aufbieten: Wenn sich jemand etwa kurz mit seinem Fahrzeug auf den Taxistandplatz stellt, um einen der Taxifahrer um eine Auskunft zu bitten (die dieser kompetent und servicebereit natürlich freundlich geben kann) o.ä., muss es nicht sein, dass andere Taxifahrer wild gestikulierend und schimpfend mit der Polizei drohen und so lediglich das Bild und den Ruf des Taxigewerbes weiter beeinträchtigen. "Kurzparker", die im nebenan liegenden Laden "schnell mal etwas holen wollen" und ihr Fahrzeug am Taxistand abstellen reagieren, freundlich aufgeklärt von Taxifahrern ("wie würden sie reagieren, wenn ich mich in ihr Arbeitszimmer setze und dort Pause mache und Platz blockiere"), oft verständnisvoll und werden Taxistandplätze zukünftig vielleicht doch nicht mehr als Kurzzeitparkplatz benutzen. Hartnäckigen Ignoranten allerdings wird die Funktion des Taxistandplatzes als Arbeitsplatz statt Privatparkplatz immer wieder nur mit Hilfe der Polizei und einem, dann staatlichen, Griff in den Geldbeutel erläutert werden können. Nicht vergessen sollten jedoch auch Taxifahrer, dass der Taxistand nur zum "Bereithalten" des Taxis vorgesehen ist und auch für Taxifahrer nicht als Privatparkplatz für ihre Taxis (hierfür kann es deutlich höhere Geldbußen geben, als bei Privatfahrzeugen).

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