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28.12.2001 Wegfalls des Fahrverbots bei Geschwindigkeitsüberschreitung von 42 km/h

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Das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 28.12.2001 – Ss 33/01 – nach VD 2002, 128) hatte über ein Fahrverbot bei Geschwindigkeitsüberschreitung von 42 km/h zu entscheiden.

Urteil

Diese Entscheidung betrifft einen der seltenen Fälle, wo trotz einer erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung auf die Anordnung eines Fahrverbotes verzichtet werden konnte. Das Amtsgericht hatte den Betroffenen hier wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit außerorts um 42 km/h zu einer Geldbuße von DM 200,00 verurteilt und ihm ein Fahrverbot von einem Monat auferlegt. Den vom Betroffenen vorgetragenen Ausnahme- und Härtefall hatte das Amtsgericht nicht zu dessen Gunsten berücksichtigt. Der Betroffene war in einem Bereich, in dem 80 km/h zugelassen waren, mit einer Geschwindigkeit von 122 km/h gefahren. Er war kurz vor Fahrtantritt von seiner damals schwangeren Ehefrau im Büro angerufen worden und gebeten worden, unverzüglich nach Hause zu fahren, da dieses das Gefühl habe, in den Wehen zu liegen. Der Geburtstermin stand zwar noch nicht unmittelbar bevor, jedoch war bereits das erste Kind der Eheleute vor dem errechneten Termin zur Welt gekommen. Der Betroffene war also in Sorge um seine Ehefrau und um sein Kind sofort nach Hause gefahren und hatte hier die angeordnete Geschwindigkeit übertreten. Vom Amtsgericht wurde dargestellt, er hätte, wenn seine Konzentration durch die Sorge um seine Ehefrau abgelenkt gewesen sei, dass er die zulässig angeordnete Geschwindigkeit überschritten hatte, gegebenenfalls einen Kollegen bitten müssen, ihn nach Hause zu fahren oder er habe ein Taxi nehmen müssen. Das OLG Karlsruhe hatte hier ein Einsehen mit dem betroffenen Autofahrer. Zwar handelt es sich bei der Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit um 42 km/h außerorts um einen sogenannten Regelfall, der „in der Regel“ ein Fahrverbot nach sich ziehen wird. Allerdings ist in diesem Ausnahmefall gerade nicht von einer „in subjektiver Hinsicht groben Pflichtverletzung nach § 25 I 1 StVG“ auszugehen. Unter diesen Umständen, dass hier der Betroffene seiner Ehefrau in einer besonderen Situation beistehen wollte und er deshalb nicht mit der gebotenen Sorgfalt auf die einzuhaltende Geschwindigkeit geachtet habe, sei der Handlungsunwert dieser Tat soweit gemindert, dass die Voraussetzungen für das Verhängen eines Fahrverbotes nicht gegeben seien. Da nach Ansicht des OLG Karlsruhe hier schon die Voraussetzungen eines Fahrverbotes zu verneinen waren, ist auch eine Erhöhung des Regelsatzes der Geldbuße hier ausgeschieden. Das OG Karlsruhe beließ es deshalb bei der vom Amtsgericht verhängten Geldbuße von DM 200,00 und verzichtete auf das Fahrverbot.

Anmerkungen der Anwaltskanzlei Bauer:

Diese Entscheidung zeigt, dass es durchaus Einzelfälle geben kann, in denen die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht in der Weise vorwerfbar ist, dass dies zu einem Fahrverbot führen muss. Bereits die Amtsgerichte und noch mehr die Gerichte, die hier über Rechtsbeschwerden zu entscheiden haben, sind allerdings regelmäßig sehr zurückhaltend mit dem Verzicht auf Fahrverbote, um so mehr, wenn es sich wie hier um eine Geschwindigkeitsüberschreitung handelt, die ein „Regelfahrverbot“ nach sich zieht. Eine Ausrede alleine wird den Betroffenen hier kaum vor einem Fahrverbot retten könne. Dafür muss schon ein „qualifizierter Ausnahmezustand“ dargestellt werden können. Hingewiesen sei hier noch einmal darauf, dass gerade die Begründung, dass man als Vielfahrer (z.B. als Taxifahrer oder Außendienstmitarbeiter) auf seinen Führerschein angewiesen sei und ein Fahrverbot existenzbedrohend würde, gerade nicht dazu taugt, hier Gerichte davon zu überzeugen, dass sie vom Fahrverbot absehen. Die Entgegnung ist hier regelmäßig die, dass derjenige, der viel fährt, weiß, dass er auf seinen Führerschein angewiesen ist und sich eben entsprechend sorgfältig zu verhalten habe. Noch weniger verfängt die Argumentation, dass man als Vielfahrer halt auch ein höheres Risiko habe als Verkehrsteilnehmer, die weniger Kilometer im Jahr zurücklegen würden und dass man deshalb einen „Bonus“ verdienen würde.

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